Schützentradition in Evern
Die erste urkundliche Erwähnung von Schützenfesten in Evern datiert aus dem Jahre 1864. Das bedeutet, dass die Bürger von Evern die Tradition des Schießwettkampfes schon lange vor Gründung eines Schützenvereines gepflegt haben. Die Vorläufer sind sicher in den Schießübungen der Freien-Kompanien zu suchen.
Soweit sich dies durch Überlieferungen und Fotos nachweisen lässt, sind diese Feste nach dem 1. Weltkrieg und zwar seit 1920 regelmäßig im August jeden Jahres gefeiert worden. Träger des Festes war damals die Junggesellschaft des Ortes. Am Sonntag vor dem Fest wurde der König ermittelt. Die Patronen zum Königsschiessen fertigte der damalige Schießwart Albert Toll selbst an. Es waren Pulvergeschosse aus 9 mm Patronen. Austragungsort des Königsschießens war eine Sandkuhle westlich des Gemeindewaldes (später Mütldeponie Rethmar).
Erst im Jahre 1926 wurde ein Schießstand mit festem Unterstand östlich der B 65 in Richtung Haimar errichtet. Hier waren unter der Aufsicht des “Scheibenkiekers“ Karl Kirchhoff 2 Probe- und 3 Königsschüsse je Teilnehmer abzugeben, wobei durch Verdecken der Scheibe mit dem Hut eine 12 signalisiert wurde. Erst im Jahre 1928 kam es zur Gründung des Schützenvereins Evern eV., dessen Vorstand waren die Herren Friedrich Deike, Ludwig Hoyer, Heinrich Wilke, Wilhelm Rampenthal, sen. und August Heimberg. Das Protokoll vom 16.5.1928 wurde beim Amtsgericht Burgdorf im Vereinsregister unter der Nr. VR 68/1 registriert. Der Schützenverein Evern war somit ins Leben gerufen und hat bis zum heutigen Tage Bestand.
Schützenfeste wurden bis kurz vor Ausbruch des 2. Weltkrieges gefeiert, wobei deren organisatorischer Ablauf dem Fest des Jahres 1920 gleichkam.
In den Jahren 1920 bis 1 924 war die Junggesellschaft der Träger der Schützenfeste und 1925 bis 1927 war der Träger die Schützengesellschaft der Gemeinde Evern. Ab 1 928 wurden dann die Schützenfeste durch den neu gegründeten und eingetragenen Schützenverein Evern e.V. ausgerichtet.
In der Zeit des 2. Weltkrieges fanden keine Schützenfeste statt. Nach dem Krieg fanden sich wiederum Bürger aus Evern bereit, die alte Tradition aufleben zulassen und wieder Schützenfeste zu feiern.
Man ergriff die Initiative und feierte zunächst unter der Regie des Turnvereins, der Feuerwehr und der Junggesellschaft in den Jahren 1950 bis 1953 Schützenfeste in gewohnter Weise.
Am 22.6.1954 berief der letzte amtierende Vorsitzende des Vereins, Heinrich Meyer, alle an einer Neugründung interessierten Bürger Evern‘s zu einer Versammlung in das Gasthaus Wilhelm Deike ein. 56 Bürger Evern‘s waren bereit, dem Verein beizutreten und wählten den Vorstand, der sich aus dem Vorsitzenden Wilhelm Haepke, seinem Stellvertreter Heinrich Meyer, dem Schriftführer Willi Brehmer, dessen Stellvertreter Otto Haarstrich, dem Kassierer Heinrich Mollenhauer und dessen Stellvertreter Gustav Bartels, sen. zusammensetzte.
Zum erweiterten Vorstand gehörten der Schießwart Richard Silberbach und die Schäffer Wilhelm Rampenthal, jun. und Franz Erxleben. Am 8. und 9. August 1 954 wurde dann wieder unter der Regie des wiedergegründeten Schützenvereins das Fest gefeiert.
Der Verein kam finanziell dabei gerade über die Runden, denn den Einnahmen in Höhe von DM 2.061,40 standen Ausgaben von DM 2.027,70 gegenüber, so dass ein Überschuss von DM 33,70 verblieb. Die Könige des Jahres waren Gustav Bartels, sen. und Heinrich Kaune. Die Festwirte wechselten bis zum Jahre 1959 unter den im Ort ansässigen Gastwirten, wobei 1959 erstmals ein auswärtiger Wirt den Zuschlag erhielt. Bemerkenswert ist ferner, dass die Gemeindeverwaltung in all den Jahren auf die Einnahme des Platzgeldes verzichtete und diese dem Verein zugute kommenließ.
Während der Höhepunkt eines jeden Festes das Königsfrühstück war, wurde diese Sitte ab 1961 offiziell wegen der finanziellen Belastung der Könige aufgehoben. Eine weitere Änderung ergab sich durch die Verlegung des Festes von August in den Monat Mai. Seit dem Jahre 1964 kann der Verein seine neue Fahne bei Ausmärschen voranführen.
Ein wichtiges Datum ist das Jahr 1965, denn der Verein gründete am
30.3.1965 im Gasthaus W. Deike eine Damenriege, deren erste Leiterin Helga Bartels wurde.
Damit war das Schützenwesen nicht mehr reine Männersache.
Im Jahre 1966 hat unser Verein das Freienschießen ausgerichtet, woran eine Vielzahl der Schützinnen und Schützen aus den Orten des Großen Freien teilnahm. Der Silbervogelkönig des Jahres 1966 konnte dabei durch den damaligen 2. Vors. des SV Evern Helmut Schlombs gestellt werden.
Sein 40-jähriges Bestehen beging der Verein im Jahre 1968. Zu diesem Fest konnte der jetzt amtierende Vorsitzende und damalige Silbervogelkönig des
Freien von den Gründern die Herren Karl Aue, sen., Louis Bertram, Gustav
Bode, Friedrich Deike, Gustav Haarstrich, sen., Heinrich Meyer und Wilhelm
Rampenthal, sen. für 40-jährige Mitgliedschaft auszeichnen.
Die Mitgliederentwicklung zeigte einen steten Aufwärtstrend. Im Jahre 1954 mit 56 Mitgliedern neu gegründet, zählte der Verein im jahre 1968 immerhin 158 Mitglieder. Der Fortbestand eines Vereines ist nur gewährleistet, wenn es ihm gelingt die Jugend zu gewinnen. Diese entscheidende Tatsache erkannte der Schießmeister Ludwig Bertram und gründete im Jahre 1968 eine Jugendabteilung. Ihm gelang es, die Jugendlichen zu gewinnen, zu motivieren und mit ihnen achtbare Erfolge zu erzielen. Der erste Nachfolger in der Leitung der Jugendabteilung war der Schießmeister Dieter Ruhkopf. Er übernahm und leitete die 30-köpfigeJugendgruppe.
Die Anfang der 70er Jahre unternommenen Anstrengungen, ein Vereinshaus auf dem ehemaligen Sportplatz zu errichten, scheiterten. Der Verein führt nach Schließung der Gaststätte Bertram seinen Schießbetrieb, die Versammlungen und Feste, wie Proklamation und Winterschützenfest, im Vereinshaus des befreundeten Schützenvereins Rethmar durch. Trotz des auswärtigen Schießbetriebes in Rethmar hat sich die Beteiligung der Mitglieder an den Vereinsaktivitäten nicht verschlechtert.
Durch die Gemeindegebietsreform im Jahr 1974 wurde die Gemeinde Evern mit 14 weiteren Ortschaften in ihrer Selbständigkeit aufgelöst und in die Samtgemeinde Sehnde integriert. Im gleichen Zeitraum wurde auch das Schulwesen reformiert. Die kleinen Dorfschulen wurden aufgelöst. Das Schulbildungswesen wurde überwiegend in der Kerngemeinde Sehnde konzentriert. Das dadurch leerstehende Schulgebäude in Evern sollte anfänglich durch die Gemeinde Sehnde als Schulträger verkauft werden. Dem Schützenverein Evern als mitgliedermäßig stärksten Verein in Evern, war für seine Schießsportlichen Aktivitäten ein Schützenhausneubau durch die Gemeinde Sehnde in Aussicht gestellt, aber immer wieder infolge der recht hohen Investitionssumme verschoben bzw. zurückgestellt.
Die Veräußerungsabsicht des ehemaligen Schulgebäudes durch die Gemeinde Sehnde hat dann einige Bürger, Schützen und Kommunalpolitiker auf den Plan gerufen. Es ging nicht in die Köpfe vieler Everner Bürger, dass dieses Gebäude, welches einmal durch Steuermittel der Bürger finanziert wurde, einfach in fremde Hände gehen sollte. Durch eine beständige, hartnäckige Vertretung des Standpunktes, das Schulgebäude letztendlich in Vereinsbesitz zu übergeben, ist es den Kommunalpolitikern und Schützenbrüdern Helmut Schlombs und Helmut Ehlers sowie der Schützenschwester Inge Fröchtling zu verdanken, das mit der Gemeinde Sehnde ein Erbbaurechtsvertrag abgeschlossen werden konnte. Viele, schwere und langwierige Verhandlungen mit den offiziellen Vertretern der Verwaltung‘. der Gemeinde Sehnde waren erforderlich, bis es am 22. April 1981 zum Abschluss eines Erbbaurechtsvertrages mit der Gemeinde Sehnde:
kam. Damit wurde der Schützenverein offizieller Besitzer des Schulgebäudes von Evern und konnte nunmehr mit dem Umbau der Schule zum Schützenhaus beginnen
Von Juni 1981 bis November 1982 wurde der anstehende Umbau durchgeführt. In der Zeit des Umbaues gab es eine positive Einstellung aller Mitglieder zu dieser Maßnahme Es gab kaum Differenzen bei der Durchführung der Umbaumaßnahme selbst und den gebildeten Bau und Finanzausschüssen Bei den anstehenden Bauarbeiten wurden mehr oder weniger von allen männlichen Mitgliedern die Ärmel hochgekrempelt, in die Hände gespuckt und die gesamte Umbaumaßnahme in Eigenarbeit des Vereins in allen Baugewerken durchgeführt jedes erwachsene Mitglied wurde nach seinen handwerklichen Fähigkeiten der entsprechenden Baugruppe zugeteilt und hat dort die festgelegten Arbeiten und Pflichtstunden abgeleistet. Viele Mitglieder haben hierbei weit über das festgelegte Maß der Pflichtstunden hinaus bei dem Umbau tatkräftig mitgewirkt.
Die Damen des Vereins wollten auch hier nicht zurückstehen und haben bei der Verschönerung des Hauses z.B. Maler und Tapezierarbeiten, Gardinen-Herstellung, Dekoration und Raumschmuck für Wände sowie für Reinlichkeit im neuen Schützenheim gesorgt. Selbst im Jahr des Schützenhausumbaues wurden die Vereinsgeschäfte nicht zurückgestellt. So wurde beispielsweise die alte, nicht mehr zeitgemäße, Satzung des Vereins überarbeitet und eine neue Vereinssatzung angefertigt. Hierfür erforderliche Erarbeitungen, Diskussionen und Beschlüsse wurden in mehreren Vereinsversammlungen diskutiert und zu Papier gebracht. Am 26. März 1 982 wurde die neue Satzung von der Mitgliederversammlung verabschiedet.
Anfang der 80er Jahre bestand eine enge freundschaftliche Verbindung zu einer Sanitätskompanie der Bundeswehr mit Stützpunkt in Hildesheim. Der Ursprung dieser Verbindung entstand durch die Jägerschaft in Evern und wurde auf die Schützen ausgeweitet. Es fanden auf einem Schießplatz in Hildesheim mehrere Schießübungen mit fröhlichem Ausklang statt.
Hier im Ort bei den Schützenfesten feierten auch Bundeswehrsoldaten mit. Unsere Umzüge wurden in diesen Jahren immer durch uniformierte Soldaten bereichert. Großes Interesse erregte zu einem Schützenfest der Aufbau und die Vorführung, auf dem Übungsplatz der Feuerwehr, ein Sanitätszeltlazarett. Am Samstagvormittag des Schützenfestes wurde dieses Lazarett im betrieblichen Ablauf vorgeführt. Eine interessante und lehrreiche Vorführung eines simulierten Ernstfalles für alle Bürger aus Evern.
Neben gesellschaftlichen und schießsportlichen Aktivitäten sind auch stets die geselligen und fröhlichen Ereignisse in kleinerer Runde in den Vordergrund einer heilen Dorfgemeinschaft zu stellen. So wurde beispielsweise im Jahre 1 984 in unserem Schützenhaus als besonderer Gag ein Ortskonsul unter allen Teilnehmern ausgerufen.
Die zündende Idee hierzu hatten zu seiner Zeit die Wirtsleute und Schützen-Schwestern A.+B. Schröder. Dieser Ehrenkonsul wurde auf einem folgenden Sonntagvormittag, mit allen Ehren von seiner Wohnstätte, mit einer Ehren-Karosse, Klasse S 380 mit Stern auf der Kühlerhaube, abgeholt und von 10 Ehrenschützen aus der Jägerschaft und einer großen Schar von Schaulustigen vor dem Schützenhaus empfangen. Der Gang zum Schützenhaus erfolgte auf einem eigens ausgerollten roten Teppich, eskortiert durch die Ehrenschützen. Der Ehrenempfang wurde mit drei Salutschüssen aus großkalibrigen Waffen als Ehrenbezeugung untermalt. Nach feuchtfröhlichem Empfang wurde dem Konsul die vorbereitete Ernennungsurkunde überreicht.
Als Ehrenbesitz wurden ihm große Ländereien zugesprochen mit einem großen See (Teich) und mitten drin einer Insel als Wohnstatt. Der Leser kann sich sicher vorstellen, dass es hier nicht nur bei dem lustigen Vormittag geblieben ist. Die Insel wurde noch am gleichen Nachmittag mittels Motorjacht (Schlauchboot mit Elektromotor) inspiziert. Anhängsel aus Schaulustigen haben teilweise die Insel schwimmend erreicht.
Da der Schießsport keine direkte Leibesübung beinhaltet wurde in den zurückliegenden Jahren an den Wochenenden in den Sommermonaten Veranstaltungen wie „Spiel ohne Grenzen“, „Fahrradrallye“ oder auch „Bosselturniere“ durchgeführt. Schießsportlich wurden Vereinsmeisterschaften, Preisschiessen, KK-Schiessen und Bogenschiessen die zum Teil bei uns nicht durchführbar waren bei befreundeten Vereinen durchgeführt. Viele Schützinnen und Schützen, vor allem unsere Jugend hat immer rege an diesen Schießterminen teilgenommen. Darüber hinaus wurde ebenfalls mit beachtlichen Erfolgen auf Landesebene, Kreisebene, Große Freie und Stadtebene Sehnde teilgenommen.
Die Jugend des Vereins hat in regelmäßigen Abständen in den vergangenen Jahren ein Zeltlager durchgeführt. Dieses fand überwiegend an den Pfingstfeiertagen in der schönen Lüneburger Heide im Südseecamp statt. Hier wurde mit engagierten Eltern und Betreuern richtig Powerprogramm mit den Jugendlichen gemacht. Ein immer wieder gern angenommenes Angebot für die Jugend mit besonderen Erlebnissen und Eindrücken. Kulturpflege der besonderen Art betrieben unsere Damen durch Besuche von Theater- und Musicalvorstellungen, Museums- und Brauerreibesuchen bzw. Besichtigung von Wirtschaftsunternehmen und vieles mehr. Es würde hier den Rahmen sprengen, all die Veranstaltungen aufzuzählen, die durch Vereinsmitglieder darüber hinaus noch vorgenommen wurden. Es sei hier nur erwähnt, dass die Beteiligung durch Vereinsmitglieder immer einen schönen Rahmen ausmachten und bei solchen Veranstaltungen der Gemeinschaftsgeist und der Zusammenhalt gepflegt wurden. Der Erhalt und die Fortführung dieses alten Traditionsvereins, mit einem 75-jährigen Bestand und zur Zeit 1 30 Mitgliedern, muss auch weiterhin sichergestellt werden. Das kann aber nur erfolgen, wenn in unserer schnelllebigen Zeit sich auch immer wieder Menschen finden, ganz besonders auch junge Menschen, mit dem guten Vorsatz, diesen Verein als ein Stückchen erhaltenswerten Bestandteil der heilen Dorfgemeinschaft zu sehen. Allen Eltern von heranwachsenden Kindern sei versichert, dass die verantwortlichen Gremien dieses Vereins bestrebt sind, den Kindern und jugendlichen im Verein Fairness, Kameradschaftsgeist, Zusammenhalt in der Gruppe und der Gemeinschaft, untereinander und miteinander zu vermitteln und dass sie dieses neben den schießsportlichen Aktivitäten fördern werden.
Hierfür verbürgen sich die Verantwortlichen dieses Vereins!